Carl Zeiss Jena Biotar 58 mm f/ 2 (non-preset) Lens Manual

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1:1.5, das zunächst für Kinofilm, dann
auch für die Leica gebaut wurde. Ohne
Vergütungen war das fünfgliedrige
«Xenon» aber dem dreigliedrigen «Son-
nar» deutlich unterlegen.
Die «Contax S»
Bereits vor Ausbruch des 2. Weltkrieges
begann Hubert Nerwin bei Zeiss Ikon
unter dem Namen «Syntax» mit der Kon-
struktion einer Kleinbild-SLR. Prototypen
wie auch Pläne wurden aber beim gros-
sen Bombardement von Dresden 1945
völlig zerstört. 
Nach dem zweiten Weltkrieg nahm Zeiss
in Jena – unter russischer Kontrolle –
baldmöglichst die Produktion wieder auf.
Zunächst baute man 1945/46 eine neue
Produktionsschiene für die Messsucher-
Contax auf. Bereits am 23. Okt. 1945
wurde bei einem Treffen des deutschen
Konstruk-
teurs Win-
zenberg mit
dem russischen
Major Turygin auch
die Idee der «Spiegel-Contax»
wiederbelebt.  In der Folge entwickelte
Zeiss Ikon eine gänzlich neue SLR, deren
grundlegendes Design bis in die 1980er
Jahre für praktisch alle japanischen SLRs
wegweisend blieb. 
Die «Contax S» war die erste SLR mit fest
eingebautem Pentaprisma. 1948 an der
Leipziger Messe vorgestellt, war sie
ebenso präzise gebaut wie die Leica und
kostete mit 475 $ sogar rund einen Drittel
mehr als diese. Man setzte auf den von
Leitz entwickelten Tuchverschluss, der
deutlich zuverlässiger als der Metall-
Rollo-Verschluss der Messsucher-Contax
war. Die Sowjets brachten das M42-
Schraubgewinde ein, das bald zum Stan-
dard bei SLRs wurde. 
Da Zeiss mit Asahi in Japan zusammen-
arbeitete, diente die «Spiegel-Contax»
auch als Grundlage für die höchst erfolg-
reiche «Pentax» (Pentaprisma Contax),
die ab 1957 das Ende der Messucherka-
meras im professionellen Bereich einläu-
tete. Zweifellos analysierte auch Nikon die
«Contax S» eingehend, bevor die klassi-
sche Nikon F (1959) konstruiert wurde.
Das Zeiss «Biotar» 
Willy Merté, der u. a. beim alten Röntgen
Physik studiert hatte, war in den 1930er-
Jahren nebst Ludwig Bertele einer der
wichtigsten Objektivkonstrukteure bei
Zeiss. Er rechnete ab 1927 eine Reihe von
hochlichtstarken Optiken
für den Kine-Film, die «Bio-
tare». Bereits aus dem Objektiv-
Querschnitt lässt sich erahnen, dass die
Biotare  für das kleinere Bildformat des
Kinofilms optimiert waren. 
In den 1930er Jahren folgten die Klein-
bild-Biotare 2/40mm, 2/58 mm und
1.5/75 mm sowie die beiden 2/80 mm
und 2/100 mm für das Mittelformat. 
Die extrem lichtstarken 1.4/140 mm und
2/250 mm (!) dürften für militärische An-
wendungen gerechnet worden sein. 
Die Tatsache, dass Zeiss im Kleinbild-
bereich zusätzlich zu den exzellenten
Sonnaren auch das Planar-Prinzip wieder
aufgriff, erklärt sich mit der 1936 vorge-
stellten «Kine Exakta», der ersten Klein-
bild-SLR überhaupt. Der Spiegelkasten
verlangte nach einem relativ grossen Frei-
raum zwischen Objektiv und Film, und die
Biotare konnten das im Gegensatz zu den
Sonnaren bieten. 
Das Zeiss Biotar 5.8 cm 1:2 (1938) galt
rund 15  Jahre lang als das Mass aller
Dinge bei den lichtstarken SLR-Stan-
dardobjektiven. An APS-C-DSLRs zeich-
net das Objektiv erstaunlich scharf; die
leichten sphärischen Restfehler führen
gerade bei «avaliable light» Aufnahmen zu
einer fast romantischen Überstrahlung
der Spitzlichter. 
An der 
α
900 ist es bei f2 zwar deutlich
schwächer als das Sony AL 1.4/50 mm,
bei f 8 aber fast perfekt - besser als das
Zeiss «Tessar» 2.8/50 mm und sogar
leicht besser als das ZA 2.8/24-70 mm!  
HHISTORY (6)
HISTORY (6)
Das Zeiss «Planar»
Paul Rudoph, der 1890 mit dem Zeiss
«Protar» den ersten Anastigmaten ge-
rechnet hatte, wandte sich kurz danach
wieder den symmetrischen Objektiven
zu. Er fand, dass man die beiden Haupt-
fehler des «Doppel-Gauss» (sphärische
Aberrationen und Astigmatismus) durch
ein dickeres negatives Element und ver-
kleinerte Zwischenräume zwischen den
Linsen weitgehend eliminieren konnte.
Problematisch war, dass keine geeigne-
ten Gläser zur Verfügung standen, die – bei
gegebener Brechzahl – die gewünschte
Dispersion hatten; die Korrektur der Farb-
fehler schien zunächst unmöglich.
Rudolph hatte daraufhin die geniale Idee,
die beiden negativen Elemente in je zwei
verkittete Linsen aufzuspalten, die aus
Glas mit identischem Brechungsindex,
aber unterschiedlicher Dispersion gefer-
tigt waren. Durch geeignete Wahl der 
Linsenradien konnte er dadurch die 
Dispersion des gesamten negativen 
Elementes stufenlos steuern und genau
auf den gewünschten Wert bringen. 
Trotz einer exzellenten und bis in die Bild-
ecken gleichmässigen Detailauflösung galt
das Planar als «Spezialobjektiv für Mikro-
und Brieftaubenfotografie» (David 1920).
Aufgrund der acht Glas-Luft-Flächen
waren die inneren Reflexionen zu hoch
und der Kontrast zu flau. Der Durchbruch
blieb dem Planar vorerst verwehrt. 
Lee’s «Opic Lens»
Um 1900 waren die meisten Objektive
symmetrisch aufgebaut und somit für
einen Massstab von 1:1 korrigiert. Diese
Tatsache mag uns ungewohnt erscheinen
– doch damals nahm man Porträts auf
18x24 cm oder 30x40 cm grossen Plat-
ten auf, also in etwa bei Masstab 1:1. 
Der aufkommende Kino-Film verlangte
nach anderen Konstruktionen. Da man ab
1920 wegen des Tonfilms auf die hellen,
aber lauten Bogenlampen verzichen
musste, wurden lichtstarke Objektive
wichtig. Weil zudem das Kino-Negativ nur
16x24 mm gross war, mussten die Objek-
tive neu auf einen Masstab von ca. 1:20
optimiert werden. Zudem war höchste
Detailauflösung gefragt, um auf dem win-
zigen Negativ genügend Bildinformatio-
nen speichern zu können. 
Horace W. Lee, einer der wichtigsten eng-
lischen Objektivdesigner, erkannte 1920
das Potenzial des Planars für den Kino-
Film. Er erhöhte er die Lichtstärke auf f2
und baute es zugleich leicht asymme-
trisch, um es auf einen Massstab von
1:20 zu optimieren. 
Lee’s Pionierarbeit und das aufkom-
mende Kleinbild führten bald dazu, dass
das Planar-Prinzip intensiv weiterentwik-
kelt wurde. Tronnier bei Schneider-Kreuz-
nach («Xenon», 1925), Merté bei Zeiss
(«Biotar», 1927) und Berek bei Leitz
(«Summar», 1933) schufen Objektiv-Klas-
siker, die in die Geschichte der Fotografie
eingingen. Alle basierten auf dem Planar
von 1897 – aber keine dieser Optiken er-
reichte die Leistung der «Sonnare» von
Bertele, die in den 1930er Jahren als die
besten Kleinbildobjektive galten (siehe
Fotospiegel 142). 
Tronniers wegweisende
Konstruktionen
Die Sonnare waren durch Patente 
bestens geschützt. Die Konkurrenz – dar-
unter Leitz und Schneider-Kreuznach –
musste gezwungenermassen andere
Wege finden. Basierend auf den Patenten
von    Lee rechnete Albert Tronnier in den
1930er Jahren bei Schneider-Kreuznach
eine Reihe von Planar-Modifikationen, die
im Prinzip alle heute gebräuchlichen 
Lösungen für hochlichtstarke Objektive
vorwegnahmen. Durch Aufspalten der
verkitteten Glieder in Einzellinsen und/
oder die Verdoppelung einzelner, zu stark
gespannter Linsen entstanden Konstruk-
tionen, die theoretisch die Leistung der
Sonnare erreichen konnten. Da sie aber
fünf oder gar sechs Einzelglieder aufwie-
sen, war die Reflexneigung zu hoch und
der Kontrast zu niedrig. Ein typisches Bei-
spiel ist das Schneider «Xenon» 5 cm
Grosses Bild: Die Zeiss «Contax S» (ab 1948,
rechts) und «Contax D» (ca. 1955, mitte) sind
die Ur-Typen aller modernen Kleinbild-SLRs;
hier mit den legendären Biotaren 7.5 cm 1:1.5
und 5.8 cm 1:2 abgebildet. 
Links oben: Biotar 25 mm 1:2 für Schmalfilm. 
Rechts: Offenblende als Gestaltungsmittel -
antiker Türklopfer in der  Altstadt von Pisa. 
Zeiss Biotar 7.5 cm 1:1.5 bei f1.5 
Jede unvergütete Glas-Luft-Fläche reflek-
tiert rund 5% des einfallenden Lichtes.  
Bereits ein viergliedriges Objektiv (z. B.
das Planar von 1896) hatte deswegen vor
der Erfindung der Vergütung ca. 35% in-
ternes  Streulicht. Kein Objektivdesigner
wagte, darüber hinaus zu gehen. 
Dennis Taylor, der 1893 mit dem «Cooke
Triplet» eines der erfolgreichsten Foto-Ob-
jektive überhaupt patentiert hatte, be-
merkte bereits 1896, dass gealterte
Linsen einen Belag bekamen und so mehr
Licht durchliessen als im frisch polierten
Zustand. Seine nasschemische Vergütung
konnte sich aber nicht durchsetzen.
1936 entwickelte Smakula bei Zeiss dann
die heute gebräuchliche Form der Vergü-
tung. Im Hochvakuum dampfte er eine
hauchdünne Schicht Magnesiumfluorid
auf die Linsen auf, deren Dicke ein Viertel
der Lichtwellenlänge (ca. 150 nm oder
1000 Atome) betrug, damit sich die reflek-
tierten Lichtwellen gegenseitig auslöschen
konnten. 
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